Werra-Renaturierung zwischen Frankenroda und Falken

Foto: Thomas Stephan
Foto: Ines Andraczek
  • Ort: Wartburgkreis, Gemeinde Frankenroda und Stadt Treffurt OT Falken
  • Laufzeit: Grunderwerb ab 1995, Umsetzung 1. Bauabschnitt 2014, Fertigstellung 2.Bauabschnitt 2022                          
  • Finanzierung: Eigenprojekt der SNT, Finanzierung über Ersatzzahlung und als Kompensationsmaßnahmen des Freistaates Thüringen
  • Kosten: ca. 360.000 € im 1. Bauabschnitt, ca. 500.000 € im 2. Bauabschnitt
  • Wir schaffen hiermit: ... eine naturnahe Auenlandschaft
  • Ausgezeichnet: in den UN-Dekade-Projektwettbewerben 2015 und 2024
    (Mehr Informationen: www.undekade-restoration.de/projekte/werraschleife-frankenroda-ii/)

 

Abgeschiedenes Flusstal von besonderer Schönheit

Das tief eingeschnittene enge Flusstal der Werra wird eingerahmt von bewaldeten Hängen und den charakteristischen Felsköpfen des Werra-Prallhanges bei Probsteizella – eine Landschaft von besonderer Eigenart und Schönheit! Ihre relativ abgeschiedene Lage und Unzerschnittenheit macht die Werraaue zwischen Frankenroda und Falken so einzigartig.

 

Renaturierung: Wasser strömt zurück in die Aue

Durch die Renaturierungsmaßnahmen entstehen naturnahe Bereiche, wie sie ursprünglich in Flusslandschaften vorhanden waren, aber mit dem Gewässerausbau verloren gegangen sind. Ziel des Projektes war es, der Werra über Absenkung der Uferbereiche wieder mehr Platz in der Aue zu geben. Denn flache Uferbereiche schaffen Räume der Begegnung zwischen Fluss und Aue.

Die linksseitige Uferböschung wurde stellenweise herabgesetzt, so dass Werrawasser wieder in die Aue fließen kann. Die Einleitung erfolgte so, dass bei steigenden Wasserständen im Fluss Wasser in die Aue einströmt. Schwellen in den Einlaufbereichen sorgen dafür, dass ein Teil dieses Wassers bei sinkendem Wasserspiegel in der Aue verbleibt. Dadurch bilden sich temporär wassergefüllte Senken.

 

Neue Fluss-Schleifen und Weidetiere fördern Artenvielfalt

Es erfolgte die Anlage von unterschiedlich strukturierten Auenstandgewässern, Schlenken und Altarmstrukturen mit wechselndem Wasserstand und variabler Wassertiefe. Eine extensive Beweidung erhält die offenlandgeprägten Lebensräume, während sich (Ufer-) Säume und Gewässer überwiegend nutzungsfrei entwickeln können. Das Projekt initiierte damit die Entwicklung einer naturnahen, artenreichen und auetypischen Lebensgemeinschaft auf repräsentativer Fläche.

Die Nachhaltigkeit des Projekts zeichnet sich auch dadurch aus, dass die Stiftung Naturschutz Thüringen als langfristige naturschutzfachliche Betreuerin der überwiegend im Landeseigentum befindlichen Flächen zur Verfügung steht und über Monitorings und eine gezielte Verpachtung den Erhalt und die weitere Entwicklung begleiten kann.

 

Werra-Renaturierung ist „hervorragendes Beispiel“ der aktuellen UN-Dekade

Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2021 bis 2030 als UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen erklärt. Im UN-Dekade-Projektwettbewerb – ausgerufen von Bundesministerium (BMUV) und Bundesamt für Naturschutz (BfN) – erhielt die Stiftung Naturschutz Thüringen im Jahr 2024 die Auszeichnung „hervorragendes Beispiel der UN-Dekade“ für den zweiten Bauabschnitt der Werra-Renaturierung. Bereits im Jahr 2015 wurde die Renaturierung „Am wilden Fluss – Die Werra einmal anders“ als Dekade-Projekt im Rahmen der UN-Dekade Biologische Vielfalt prämiert.

 

2. Bauabschnitt: weitere Uferbereiche renaturiert

Die Stiftung Naturschutz Thüringen hat im 2. Bauabschnitt die Erweiterung der bereits im Bauabschnitt 1 begonnenen Renaturierung der Werraaue zwischen Frankenroda und Falken im linken Vorland der Werra fortgesetzt. Ziel war die weitere naturschutzfachliche Aufwertung sowie die Strukturverbesserung der Werra, ihrer Uferbereiche und der Aue auf einer Länge von ca. 450 m. Im Zuge der Gewässer-Strukturmaßnahmen wurden 22.000 m³ Erdstoffe aus dem Überschwemmungsgebiet der Werra entnommen und außerhalb des Überschwemmungsgebietes der Werra wieder eingebaut.

 

Modelliertes Gelände zwischen Fluss und Wanderweg

Heute blickt man vom Wanderweg auf ein abwechslungsreich gestaltetes Gelände. Dazu wurde zunächst der wertvolle Oberboden mit seinem artenreichen Samenpotenzial abgetragen und für den Wiedereinbau gelagert. Anschließend erfolgte die Entnahme von Erdmassen und die Anlage von unterschiedlich strukturierten Auen-Standgewässern, Schlenken und Altarm-Strukturen mit variabler Wassertiefe. So entstanden naturschutzfachlich hochwertige auentypische Feucht- und Nasslebensräume, in denen sich durch natürliche Sukzession in einem kleinräumigen Mosaik Hochstaudenfluren, Röhrichten, Binsen- und Seggensümpfe, Weichholz-Auwald etc. entwickeln können.

 

Arten-Monitoring zeigt: Neue Lebensräume entstehen

Die naturschutzfachliche Aufwertung der Werraaue zwischen Frankenroda und Falken schafft vielfältige Lebensräume für Arten der Fließgewässer und ihrer Auen, Retentionsraum bei kleinen Hochwasserereignissen und dient der Reaktivierung der Weichholzauenregion des Fließgewässers und der Bereicherung des Landschaftsbildes. Das 2021 im Auftrag der Stiftung Naturschutz Thüringen begonnene Arten-Monitoring zeigt, dass die entstandenen Gewässer im Renaturierungsgebiet II bereits 2022 von zahlreichen Arten schnell besiedelt wurden. An den Gewässerufern beginnt sich langsam ein Röhricht aus Teichbinse, Breitblättrigem Rohrkolben und Schilf zu entwickeln. Auch die seltene Schwanenblume hat sich angesiedelt.

 

Paradies für Frösche, Libellen und Wasservögel

In den Seitenarmen sah man schon bald Schwärme von Jungfischen verschiedener Arten. Die Wasserfrösche gehörten zu den ersten Tierarten, die sich erfolgreich in fast allen Gewässern reproduzierten. Bei den Libellen hatten vornehmlich die Pionierarten (u. a. Plattbauch, Große Königslibelle) die Gewässer besiedelt. Zahlreiche Wasservögel, hauptsächlich Stockenten und Höckerschwäne, vereinzelt Teichhuhn, Graugans und Gänsesäger, waren an den Gewässern auf Nahrungssuche. Auch der Schwarzstorch wurde bei der Nahrungssuche beobachtet. Limikolen wie Flussregenpfeifer und Waldwasserläufer waren an fast allen Gewässern präsent. Der Flussregenpfeifer hat 2022 erstmals hier gebrütet. Die Fraßspuren des Bibers an Gehölzen zeigten, dass auch er hier unterwegs ist.

 

Zielart Gelbbauchunke bald zurück?

Die Betonfertigbecken, die vornehmlich als Gelbbauchunken-Reproduktionsgewässer dienen sollten, nutzten Wasserfrösche als Aufenthalts- u. Nahrungshabitat. Fast 2 Monate hielt sich dort eine subadulte Gelbbauchunke auf, die die Hoffnung weckt, dass sich in nächster Zeit noch mehr, insbesondere geschlechtsreife Tiere, ansiedeln werden.


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